Das Abseilen ist eine grundlegende Technik im Klettersport und wird oft genutzt, um sicher von steilen oder unzugänglichen Orten abzusteigen. Die Schweizer Methode (auch Halbmastwurf-Methode genannt) ist eine Abseiltechnik, die ohne zusätzliche Geräte wie Abseilachter oder Abseilgeräte auskommt. Sie wurde vor allem in der Bergrettung und beim militärischen Einsatz entwickelt und ist besonders dann nützlich, wenn man nur Seil und Karabiner zur Verfügung hat.
In diesem Beitrag erfährst du, wie die Schweizer Methode funktioniert, welche Vor- und Nachteile sie bietet und worauf du achten solltest, um sicher abseilen zu können.
Was ist die Schweizer Methode?
Die Schweizer Methode nutzt den Halbmastwurf (HMS) als Bremse, um das Seil zu kontrollieren und den Abstieg zu regulieren. Dabei wird das Seil durch einen HMS-Karabiner am Klettergurt geführt, wodurch die entstehende Reibung das Abseilen verlangsamt. Diese Technik ist besonders hilfreich, wenn du kein spezielles Abseilgerät wie einen Achter oder Tuber dabei hast.
Wann wird die Schweizer Methode angewendet?
- Minimalistische Ausrüstung: Ideal, wenn nur ein Seil und ein HMS-Karabiner zur Verfügung stehen.
- Notfälle: In Situationen, in denen Abseilgeräte verloren oder vergessen wurden.
- Bergrettung: Als einfache und schnelle Methode in Notsituationen.
- Alpines Klettern: Oft als Backup-Technik oder für kürzere Abseilstellen genutzt.
Vorteile der Schweizer Methode
- Flexibilität: Funktioniert ohne spezielle Abseilgeräte.
- Leicht zu lernen: Der Halbmastwurf ist eine Grundtechnik, die schnell erlernt werden kann.
- Sicher: Durch die Reibung im Karabiner wird das Seil effektiv gebremst.
- Geringes Gewicht: Du benötigst nur einen HMS-Karabiner und ein geeignetes Seil.
Nachteile der Schweizer Methode
- Seilverschleiß: Das Seil wird durch die direkte Reibung stärker beansprucht.
- Hitzeentwicklung: Bei langen Abseilstellen kann sich der Karabiner erhitzen.
- Handhabung: Erfordert mehr Kontrolle und Erfahrung, um die Geschwindigkeit präzise zu regulieren.
- Nicht für lange Abseilstrecken geeignet: Bei langen und steilen Abseilstellen kann die Methode anstrengend sein.
Anleitung: So funktioniert die Schweizer Methode
1. Material vorbereiten
- HMS-Karabiner: Ein großer, birnenförmiger Karabiner mit Schraubverschluss oder Sicherungsmechanismus.
- Seil: Ein Kletterseil mit geeignetem Durchmesser (oft 8–11 mm).
- Klettergurt: Du benötigst einen sicheren Anseilpunkt am Gurt.
2. Halbmastwurf anlegen
- Führe das Seil durch den HMS-Karabiner, der in den Anseilpunkt deines Gurts eingehängt ist.
- Bilde einen Halbmastwurf:
- Führe das Seil so durch den Karabiner, dass es eine Schleife bildet.
- Eine Seite des Seils (Abseilseite) läuft frei durch den Karabiner, während die andere Seite das Bremsseil ist.
- Ziehe den Karabiner mit dem Halbmastwurf fest und überprüfe, ob das Seil sich reibungslos bewegen lässt.
3. Sicherheitscheck durchführen
- Prüfe, ob der Karabiner richtig geschlossen und der Halbmastwurf korrekt gelegt ist.
- Achte darauf, dass das Seil gut fixiert und nicht verdreht ist.
4. Abseilen
- Halte das Bremsseil mit einer Hand unterhalb des Karabiners fest.
- Lasse das Seil kontrolliert durch deine Hand gleiten, während du dich langsam nach hinten lehnst.
- Dein Körpergewicht wird dabei vom Seil getragen.
- Kontrolliere die Geschwindigkeit durch den Druck auf das Bremsseil.
- Nutze deine freie Hand, um das Seil über dem Karabiner zu führen und für zusätzliche Stabilität zu sorgen.
- Bewege dich gleichmäßig abwärts und halte immer eine Hand am Bremsseil.
Sicherheitsaspekte bei der Schweizer Methode
- Karabinersicherung: Der Karabiner muss stets fest geschlossen sein, um ein Herausrutschen des Seils zu verhindern.
- Hand am Bremsseil: Die Bremsseite des Seils darf nie losgelassen werden, da dies zu einem Kontrollverlust führen kann.
- Geschwindigkeit kontrollieren: Lasse das Seil langsam und gleichmäßig durch die Hand gleiten, um eine sichere Abseilgeschwindigkeit zu gewährleisten.
- Seil prüfen: Stelle sicher, dass das Seil keine Beschädigungen aufweist und lang genug für die geplante Abseilstelle ist.
Praktische Tipps für die Schweizer Methode
- Training: Übe die Technik an kurzen, ungefährlichen Abseilstellen, bevor du sie in der Praxis einsetzt.
- Handschuhe tragen: Schütze deine Hände vor Seilverbrennungen, insbesondere bei langen oder schnellen Abseilaktionen.
- Backup-Knoten: Nutze einen Prusikknoten oder andere Sicherungsmethoden, um ein unkontrolliertes Abgleiten zu verhindern.
- Alternativen kennen: Lerne zusätzliche Abseiltechniken, um auf unterschiedliche Situationen vorbereitet zu sein.
Wann sollte man die Schweizer Methode vermeiden?
- Lange Abseilstellen: Bei sehr langen oder steilen Abseilrouten ist ein Gerät wie ein Abseilachter oder Tuber effizienter und schonender für das Seil.
- Schwierige Wetterbedingungen: Bei Regen oder Schnee kann die Kontrolle des Seils schwieriger werden.
Fazit
Die Schweizer Methode ist eine effektive und zuverlässige Technik, um sich mit minimaler Ausrüstung abzuseilen. Sie eignet sich besonders für Notfälle oder als Backup, wenn keine speziellen Abseilgeräte zur Verfügung stehen. Durch Übung und die Beachtung grundlegender Sicherheitsmaßnahmen kann diese Methode in vielen Situationen hilfreich sein. Allerdings ist sie nicht für jeden Einsatz ideal – bei langen oder anspruchsvollen Abseilstellen sind moderne Abseilgeräte oft die bessere Wahl.
Mit der richtigen Vorbereitung und Training kannst du die Schweizer Methode sicher und effizient beherrschen – ein wertvolles Werkzeug für jeden Kletterer und Alpinisten!